Überraschend verbreitet
Die Gottesanbeterin in der Region
Die Gottesanbeterin ist im Rheinland angekommen. Wir hatten deshalb aufgerufen, uns von Sichtungen zu berichten. Sowohl die Zahl der Meldungen als auch die Verbreitung der Art in der Region haben uns positiv überrascht.
Im September hatte der NABU Bonn nach dem ersten Fund in unserer Region geschlüpfter Gottesanbeterinnen eine Meldeaktion gestartet. Der durch die lokalen Medien weit verbreitete Aufruf wurde von den Bürgerinnen und Bürgern begierig aufgegriffen - binnen nur weniger Wochen kamen über 60 Meldungen aus der Region und darüber hinaus zusammen. Die Auswertung liegt jetzt vor.
Gottesanbeterinnen sind aus Südeuropa stammende Fangschrecken, die sich durch den Klimawandel begünstigt seit Jahrzehnte Stück für Stück nach Norden ausbreiten. Der Vormarsch war etwa 10 Jahre durch die Mittelgebirge aufgehalten worden, so dass das spektakuläre Insekt erst langsam von Bingen ins Moseltal vordringen konnte und nun auch bei uns heimisch geworden ist. Erste Sichtungen in der Region Bonn/Rhein-Sieg gab es 2012, in den Folgejahren mehrten sich Beobachtungen von einzelnen aus dem Süden eingeflogenen Tieren. Bevor Biologen im Jahr 2023 in Königswinter an gleich zwei Stellen frisch geschlüpfte Jungtiere entdeckt hatten, gab es lediglich 13 Funde von Gottesanbeterinnen. Das hat sich nun gründlich geändert.
Die Auswertung der vielen neuen Hinweise lässt auf eine viel weitere Verbreitung der Art schließen: Von den insgesamt 61 Meldungen betreffen 44 Gottesanbeterinnen, der Rest sind Verwechselungen mit Grünen Heupferden. Neben einigen Hinweisen aus der Pfalz, dem Hunsrück, aus Sachsen-Anhalt, Brandenburg und dem Saarland haben wir nun 37 neue Fundpunkte in unserer Region. An der Spitze stehen hier Rheinbach, Euskirchen und Swisttal mit jeweils mindestens 3 Meldungen, aber auch aus Eitorf und Neunkirchen-Seelscheid liegen Beobachtungen vor.
Dass es mehr Meldungen aus dem Bereich des Eifelfußes und der Zülpicher Börde als aus dem Rheintal gibt, ist bemerkenswert. Es steht deswegen die These im Raum, dass die Tiere gar nicht aus dem Süden zu uns kommen, sondern (zumindest auch) aus dem Westen über das Maastal.
Weniger überraschend ist das Habitat, in dem die Gottesanbeterinnen beobachtet wurden: Sie stammen mit einer Ausnahme aus Gärten, von Hauswänden, Fensterbänken und Blumenkübeln - um nicht zu sagen, überall wo Menschen sich üblicherweise aufhalten. Aus südexponierten Brachen, Weinbergen, Steinbrüchen und Kiesgruben gibt es dagegen kaum Nachweise - hier sind einfach zu wenige Menschen unterwegs. Der Gottesanbeterinnen-Bestand - so viel ist nach der Meldeaktion des NABU Bonn klar - wird sehr viel größer sein, als gedacht. Die Art ist zweifellos bei uns angekommen und wird sich wohl in Zukunft weiter etablieren.